NACH MALTA DER SPRACHE WEGEN
Von Priamos | am 25 Mai 2011 - 00:45 Uhr
Zunächst einmal solltet ihr euch nicht wundern, daß meine Reisen schon so lange her sind. Mein adeliger englischer Wachhund,Sir James Parkinson, läßt mich keine großen Reisen mehr machen. Also nehme ich mir eins meiner Reisetagebücher und zehre von der Erinnerung. Dabei lasse ich euch gerne über meine Schulter schauen und mitlesen, wenn ihr wollt.
Nach Malta flog ich Ende 1993, um einerseits dem deutschen Winter zu entkommen und andererseit um meine Englischkenntnisse aufzufrischen. Ich buchte drei Wochen Schulbank drücken, und ich muß sagen, es war nicht schlecht.
Reisetagebuch Malta
21.November bis 17. Dezember 1993
Sonntag, 21.11.1993
Kurz vor 7.00 Uhr klingeln Jeannette und Leo, die mich nach München zum Flughafen bringen werden. Es hat leicht geschneit, und es ist bitter kalt. Die Fahrt nach München über die nur mäßig befahrene Autobahn verläuft entsprechend schweigsam. Leo fährt und ist voll konzentriert, Jeannette und ich sind noch müde.
Gegen 8.45 Uhr erreichen wir den Flughafen, das Einchecken geht schnell, und es bleibt noch Zeit für einen gemeinsamen Kaffee.
Um 9.45 Uhr verabschiede ich mich von den Beiden und gehe durch die Eine Boeing 737-200 der ältesten Baureihe, eine elende alte Rumpel, eng bestuhlt wie eine Chartermaschine, die mir keine Beinfreiheit läßt. Sollte mein Vordermann seine Sitzlehne zurückstellen, würde er mir wahrscheinlich die Beine brechen. Glücklicherweise tut er es nicht.
Pünktlich um 10.25 Uhr legt der Flieger von der Gangway ab und macht beim Start einen solchen Lärm, daß man in der Kabine sein eigenes Wort nicht versteht. Nachdem wir die Wolkendecke durchstoßen haben, ist die Maschine von strahlendem Sonnen-schein überflutet.
Wir überfliegen die Alpen, immer wieder ein faszinierendes Bild. Es schauen nur die schneebedeckten Gipfel durch die Wolkendecke, wunderschön im Sonnenlicht anzuschauen. Danach wird der Flug eintönig. Das Essen an Bord ist ungenießbar: das Fleisch schmeckt fade, die Croquetten wie Gummi. Einzig der Reissalat schmeckt sehr lecker. Tomatensaft und besonders der Kaffee sind undiskutabel. Der Service der Air Malta läßt sehr zu wünschen übrig.
Nach dem Essen führe ich mir Birgittes Abschiedsgeschenk, einen kleinen Gedichtband: Ein liebend Herz, zu Gemüte. Aussprüche über die Liebe von bekannten und unbekannten Menschen aus Literatur, Kunst und Politik. Sehr schön, dazu Rezepte für kleine Liebesmahlzeiten. Ich delektiere mich lange daran, doch reicht die Lektüre nicht für die ganze Flugzeit. Also schlafe ich ein wenig, was mir trotz des Fluglärms nicht schwerfällt.
Gegen 12.30 Uhr erreichen wir Malta und überfliegen erst die Inselgruppe, bevor die Maschine zur Landung ansetzt. Von oben sehe ich eine ziemlich baumlose Landschaft, dann Valetta, eine große Ansammlung von überwiegend alten Häusern im sonnen-warmen Gelbton, das dunkel -grün-blaue Meer, in dem es von großen und kleinen Schiffen nur so wimmelt, sehr hübsch anzuschauen.
Nach der Landung recht zügige Abfertigung beim Checkout. Eine Vertreterin der Sprachschule empfängt uns und weist uns einem Busfahrer zu, der jedem von uns ein Kuvert in die Hand drückt, nur mir nicht. Er bittet uns zu warten, da noch nicht alle Passagiere da sind. Wir warten und warten, bis es mir zu lange dauert und ich ihn direkt frage, auf wen er denn noch wartet. Er sagt ein Reisender fehle noch. Dabei kann ich einen Blick auf das letzte Kuvert in seiner Hand werfen: es steht mein Name darauf. Niemand hat mich nach meinem Namen gefragt, da hätten sie noch lange auf mich warten können.
Nachdem dieses Mißverständnis geklärt ist, fahren wir in einem klapperigen Kleinbus in die Stadt. Der ungewohnte Linksverkehr verursacht mir einige Schrecken.
Ich wohne im Hotel Caprice in Sliema, ein ganz passables Zweisternehotel in einer ruhigen Gasse. Das Zimmer ist schlicht, aber geräumig mit einem großen Doppelbett, hat einen kleinen Balkon mit Blick in den Hof, das Bad ist spartanisch, aber zweck-mäßig. Man kann zufrieden sein.
Ich richte mich ein und starte dann zu einem Erkundungsgang in die Stadt. Von der Schule habe ich in diesem ominösen Kuvert unter anderem einen Lageplan der Schule bekommen, auf dem die Straßennamen in Englisch stehen. Auf meinem Stadtplan stehen sie in Maltesisch. So habe ich also erst einmal diese zu vergleichen und den Weg vom Hotel zur Schule festzulegen. Natürlich laufe ich in die verkehrte Richtung, und bis ich es bemerke, bin ich bei dem immer wieder einsetzenden leichten Regen schon ganz schön naß geworden. Ein weiteres Problem: an vielen Ecken fehlen die Straßenschilder, sodaß ich immer wieder auf gut Glück in eine Straße hineinlaufe, die sich dann als falsch erweist. Aber nach einigen Fehlversuchen habe ich die Schule gefunden, laufe den ganzen Weg zur Sicherheit noch einmal und stelle fest, daß er in 15 Minuten leicht zu schaffen ist.
Fortsetzung folgt.
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