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NSU reloaded?
Nach SPIEGEL-Informationen soll er Kontakt zu Neonazis aus der militanten Gruppierung "Combat 18" gehabt haben – deren Anhänger handelten in der Vergangenheit mit Waffen und verfassten Anleitungen zum Bombenbau. Die Gruppe stand zudem in Verbindung mit "Blood & Honour" – jenem Netzwerk, das auch dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) half.
Schon 1993 soll Stephan E. einem Bericht der "Zeit" zufolge mit einer Rohrbombe eine Asylbewerberunterkunft im hessischen Hohenstein-Steckenroth angegriffen haben. Die Bewohner löschten den Sprengsatz noch rechtzeitig, E. wurde zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Der Täter war damals Medienberichten zufolge erst 20 Jahre alt und lebte noch bei seinen Eltern.
Auch im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss, der die regionale Szene beleuchtete, war Stephan E. ein Thema. Von dem Gremium wurde er als "gewaltbereiter Rechtsextremist" geführt.Stephan E. war im Umfeld der hessischen NPD aktiv. Nach SPIEGEL-Informationen fiel er zudem mehrfach wegen Gewaltdelikten, Verstößen gegen das Waffengesetz, Eigentumsdelikten sowie gemeingefährlicher Straftaten auf. Wegen einer Attacke von Rechtsradikalen auf eine Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Dortmund im Jahr 2009 wurde er wegen Landfriedensbruchs zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Siehe auch:
http://www.sueddeutsche.de/politik/walter-luebcke-rechtsextremismus-stephan-e-fakten-1.4490463
Vermutlich wird es im konkreten Fall zunächst die Einrede der Unschuldsvermutung geben, zu Recht. Dennoch darf man (ich) vermuten, dass Stephan E. kein Einzeltäter ist, ebenso wenig wie das sog NSU-Trio. Aus den Zeugenaussagen im NSU-Prozess wurde deutlich, dass die Angeklagten ohne Hilfe von außen, u.a. auch ohne Wegsehen der Polizei, die Morde und Raubüberfälle nie hätten begehen können.
Allerdings lese ich gerade die vier-bändige Ausgabe von "NSU-Prozess, Beweisaufnahme I, II, Plädoyers und Urteil samt Materialien."
Darin kann man nachlesen, dass der jetzt Beschuldigte in den Aussagen der Zeugen im NSU-Prozess schon eine Rolle spielte. Apropos Zeugen: Die Aussagen über Neonazis, die schon vor 1990 (der Wende) in der DDR ihr Unwesen trieben, u.a. die Angeklagten, zeigen, dass es in den 80-er Jahren der DDR zahlreiche Netzwerke rechtsradikaler Krimineller gab. Combat 18 wurde allerdings erst 1992 gegründet.
Da im genannten Prozess die Machenschaften der Länder-Polizeien und des Verfassungsschutzes eine unrühmliche Rolle spielten, kann man jetzt nur hoffen, dass endlich rechtsradikale Täter auch Terroristen genannt werden und als sog. Gefährder ebenfalls deutlich strenger überwacht werden.
In Deutschland sind seit 1991 mehr als 150 Menschen aus rechtsradikalen Motiven getötet worden, aus linksradikalen Kreisen übrigens keiner. Vergleich man das mit islamistischen Tätern in Deutschland, dann wird deutlich, dass die deutsche Terrorszene endlich in den Fokus genommen und streng beobachtet werden sollte.
Attentate auf Politiker gab es auf Lafontaine, Schäuble, Reker u.a., nur ist, Gott sei Dank, bis auf den Kasseler Regierungspräsidnten Walter Lübcke bisher niemand ermordet worden.
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