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Mein ältester Bruder war im92. Lebensjahr, als er gestorben ist. Er wurde in den letzten 2 Jahren immer abwechseln von seinen drei Kindern rund um die Uhr betreut. Bei der Beerdigung erzählte mir dann meine Nichte, dass er ca. 14 Tage vor seinem plötzlichen Tot Nachts ganz laut geschrien hat. Sie fragte ihn dann, warum er so laut geschrien hat. Er antwortete, dass er plötzlich eine so große Angst empfunden hat, wie nie zuvor. Er habe schon öfters in letzter Zeit Nachts solche Angstzustände gehabt und den Drang verspürt zu schreien, konnte dies aber bisher immer unterdrücken.
Eine Woche später, da hatte sein Sohn bei ihm nachts gewacht, stand er nach dem gemeinsamen Frühstück auf und ging ins Bad. Nach einiger Zeit vernahm mein Neffe einen großen Lärm. Als er im Bad nachsah, lag sein Vater bewegungslos und ohne auf seine Rufe
und sein Schütteln zu reagieren am Boden. Die Rettung hat dann seinen Tod bestätigt.
Todesursache Herzstillstand.
Diese Schilderung beunruhigt mich zurzeit sehr stark, weil mir in der letzten Zeit auch schon
öfters das Gleiche passiert ist. Den Drang, laut zu schreien, konnte ich aber auch noch immer unterdrücken.
Es sieht doch so aus, als ob etwas im Menschen sein bevorstehendes Ende ahnt, wenn kein
medizinischer Grund vorhanden ist, welcher zum Tode führen kann.
Altersbedingt. Seine Lebensuhr ist abgelaufen. Wenn ein Mensch in seinem Leben von
Krankheiten, die zum Tode führen oder von Unfällen mit tödlichem Ausgang verschont blieb,
könnte doch eine genetisch gesteuert Uhr sein Ende herbeiführen.
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Liebe Malonia, ich hoffe, du hast keinen allzu heftigen Schock davongetragen. Ist schon nahe an der Grenze dessen, was man gut verarbeitet, was du erlebt hast! Aber gut, dass ihr euch unter Nachbarn umeinander kümmert.
Ich denke, GeSa hat Recht mit ihrer Beobachtung. Es scheint mir jedoch etwas anderes, ob der Sterbende sozusagen „freiwillig“ den Moment wählt, wo die Familie vor der Tür ist, oder ob er so vereinsamt war, dass er sowieso immer alleine war, im Leben wie im Sterben. Wenn niemand mehr da ist, von dem man noch Abschied nehmen könnte, das ist richtig bitter.
Ja, zurück zu deiner Frage, @malonia, was im Menschen in dem Moment wohl vorgehen mag: Diese Frage kann von uns Lebenden keiner beantworten; auch nicht die Frage, was er erlebt, wenn er nicht allein ist. Womöglich haben wir vor Lebzeiten viel mehr Angst davor als dann, wenn es so weit ist. Wer weiß das schon? Großes Geheimnis!
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Ich weiß nicht was in einem Menschen vorgeht in dieser Situation. Doch meine Erfahrung ist dass Gehende, selbst wenn sie umgeben sind von Familienmitglieder, den Moment nutzen wenn sie alleine sind. Diese Erfahrung wurde mir heute in einem Gespräch mit einer Nachbarin, die seit gestern Witwe ist, wieder bestätigt. Auch Ärzte bestätigen diese Erfahrung.
Demnach denke ich – allein – ist für den Gehenden richtig.
GeSa
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