Nach Malta der Sprache wegen 2.
Nun lasse ich mir Zeit zum Bummeln. Zwar ist heute Sonntag und die Geschäfte zu, doch das Flair einer fremden Stadt hat trotz des schlechten Wetters immer wieder eine angenehm stimulierende Wirkung auf mich. Langsam wird es dunkel. In einem Lokal an der Sea-Front, die lange Promenade heißt The Strand lasse ich mich nieder, trinke einen Kaffee und beobachte die Leute.
Das Abendessen im Hotel ist enttäuschend. Drei Menüs zur Auswahl: Kotelett mit Karotten und Stopfer (Kartoffelbrei), Makkaroni mit Schinken und Tomatensoße, oder Omelett. Ich nehme die Makkaroni und drücke sie in mich hinein. Nach einem Drink an der Hotelbar ziehe ich mich zurück, lasse mir ein heißes Bad ein, in dem ich mich richtig durchwärme und liege um 20.30 Uhr bereits im Bett.
Montag, 22.11.1993
So gut geschlafen, daß ich den Wecker (7.00 Uhr) nicht gehört habe. Doch um 7.05 Uhr bin ich von selbst aufgewacht.
Das Frühstücksbuffet ist "continental", Brötchen, Weißbrot, Butter, Wurst, Käsescheibletten, Cornflakes, Müsli und ein winziges Glas Orangen- oder Grapefruitsaft. Der Kaffee regt niemanden auf, aber er ist wenigstens heiß.
Als ich in den Frühstücksraum komme, sitzt eine Frau in meinem Alter allein an einem Tisch. Ich frage, ob ich mich zu ihr setzen darf, sie hat nichts dagegen. Gleich entsteht ein angenehmes Gespräch. Sie hat auch einen Namen, den ich aber gleich wieder vergessen habe, und sie kommt aus Bad Wildungen. Auch sie will Englisch lernen im I.E.L.S., im Institute of English Language Studies. Recht bald kommt eine junge Frau dazu, die auch im gleichen Institut wie wir
gebucht hat. Ihren Familiennamen habe ich vergessen, aber sie heißt Ulrike, wie meine Tochter, und kommt aus Sonthofen. Dieser Vorname prägt sich mir natürlich ein. Später kommt noch ein weiterer Teilnehmer in meinem Alter dazu, dessen Namen ich überhaupt nicht zur Kenntnis genommen habe, obwohl er ihn sicher gesagt hat. Alle drei kennen den Weg zur Schule noch nicht , den ich gestern schon erkundet habe.
Also schwinge ich mich zum Führer auf, und wir marschieren bei strahlendem Sonnenschein zum "Institute of English Language Studies".
Das Organisatorische (Anmeldung, Zuordnung in die Klassen, Lehrbuchaus- gabe) erfordert eine gute halbe Stunde. Im Bookshop nebenan gibt man mir zunächst ein falsches Lehrbuch, was ich aber nicht bemerke. Ich marschiere in den mir zugewiesenen Raum 105, dort sitzen bereits fünf Leute, einer von ihnen weist mich darauf hin, daß ich ein anderes Lehrbuch habe als sie. Also gehe ich zurück in den Bookshop und tausche es um. Wieder zurück in der Klasse, entscheidet die bereits anwesnde Lehrerin, daß sechs Leute zu viel sind, verschwindet und komplimentiert nach ihrer Rückkehr mich und noch einen weiteren Teilnehmer (Karl aus Frankfurt, er wohnt auch in meinem Hotel) in Raum 216. Natürlich lande ich wieder im falschen Raum, weil ich 206 verstanden habe. Karl holt mich da raus, und endlich sind wir im richtigen Klassenraum, aber noch lange nicht komplett.
Nachdem endlich alle eingetroffen sind, ergibt sich folgende Konstellation: Karl, 55, leitender Angestellter bei der Lufthansa , aus Frankfurt. Norbert, Ende 40, Ingenieur aus Kiel, Klaus, 22, Zivi aus dem Schwarzwald und ich. Vorne am Tisch sitzt Kitty, unsere Grammatiklehrerin, um die 50, geboren in Wuppertal, auf Barbados aufgewachsen und seit 20 Jahren in Malta lebend, da mit einem Malteser verheiratet, kein Wort Deutsch, aber gut drauf.
Sie legt auch gleich richtig los, nachdem wir uns alle vorgestellt haben, und macht Grammatik mit uns, daß wir, zumindest ich, höllisch aufpassen müssen, um alles mitzukriegen. Fragen und Antworten anhand des Lehrbuches, Interviews untereinander, so geht es Schlag auf Schlag, daß die 90 Minuten im Handumdrehen vorbei sind. Nachdem sie bei dem Wort Hausaufgaben unsere sauren Gesichter sieht, verzichtet sie darauf und entläßt uns in die Pause (30 Minuten)
Um 11 Uhr geht es weiter mit Konversation. Gilian, unsere Lehrerin, ist eine reife Frau in den Vierzigern, etwas füllig, sehr attraktiv, sehr schlagfertig in ihrem typisch englischen abgeklärten Humor. Sie beginnt die Konversation sehr geschickt, indem sie jeden von uns sich vorstellen läßt, Zwischenfragen stellt, warum wir Englisch lernen wollen, und so die Diskussuion anheizt, ohne daß wir es so recht bemerken, aber voll einsteigen. Bei ihr habe ich meine Schwierig-keiten, alles zu verstehen, denn sie spricht teilweise sehr schnell und verwen- det oft typisch englische bildhafte Redewendungen, die man nicht sofort interpretieren kann, z. B. "I was so tired, that I went out like a candle", will heißen: "Ich schlief sofort ein, kaum daß ich den Kopf aufs Kissen gelegt hatte."
Fortsetzung folgt
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